Young Chefs
Kurzinterview mit Antonia Stampfl / Spitzengastronomie und Kochnachwuchs

Work-Life-Balance?

„Jeder Koch ist nur so gut wie das Team, das hinter ihm steht.“ Antonia Stampfl
In der Spitzengastronomie sind fast ausschließlich Männer anzutreffen. Woran liegt das?
Antonia Stampfl: Manche Frauen tun sich schwer, mit dem Umgangston in der Küche klarzukommen. Der kann durchaus rau sein, aber meist nur in Ausnahmefällen. Als Koch muss man auf den Punkt abliefern, was natürlich Stress mit sich bringt. Gerade über Weihnachten und Neujahr ist für uns eine besonders hektische Zeit, danach wird es aber auch mal ruhiger. Und: Nach dem Service geben sich alle die Hand, egal wie stressig es war. Das darf man nicht persönlich nehmen.
Manchmal wird behauptet, als Frau habe man es in der Küche einfacher, weil auf einen besonders Rücksicht genommen werde. Das stimmt meiner Meinung nach nicht – im Gegenteil. Als Frau muss man sich teilweise noch mehr anstrengen, um ernst genommen zu werden.
Ein weiteres Thema ist die Familienplanung. Sobald man Kinder bekommt, wird die Karriere in den meisten Fällen eingebremst, außer man hat einen Partner, der einen zu 100 Prozent unterstützt.
Das klingt so, als wäre die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, aber auch die Work-Life-Balance allgemein, schwierig umsetzbar. Welche Verbesserungsmöglichkeiten sehen Sie in diesem Bereich?
In Hamburg, wo ich derzeit arbeite, sind die Arbeitszeiten in der Küche besser geregelt. Ich arbeite im Schichtdienst, was natürlich nur in einem Betrieb mit einer entsprechenden Größe möglich ist. Es gibt aber ebenso kleinere Betriebe, die versuchen, gute Bedingungen zu bieten, zum Beispiel eine Viertagewoche. In der Gastronomie arbeiten die Menschen oft zehn und mehr Stunden am Tag. Wenn sich das schon nicht anders einteilen lässt, dann sollte der Ausgleich durch einen zusätzlichen freien Tag geschaffen werden, so dass die Wochenarbeitszeit wieder passt. Eine andere Möglichkeit wäre, die Überstunden, die in stressigen Zeiten angehäuft werden, in ruhigeren wieder abzubauen.
In meinem Ausbildungsbetrieb, der Lackner Stubn in Algund, hatte ich das Glück, am Sonntag und Montag frei zu haben. Einen freien Tag unter der Woche weiß ich mittlerweile durchaus zu schätzen. Dann kann man viel besser Erledigungen machen (lacht).
Auf jeden Fall bin ich überzeugt, dass die angesprochenen Veränderungen der Arbeitszeiten eine gute Möglichkeit wären, mehr junge Menschen für diesen tollen Beruf zu begeistern.
Den Nachwuchs braucht es dringend. Jahr für Jahr kommen mehr Touristen nach Südtirol. Haben wir eine Grenze erreicht?
Meiner Meinung nach sollten wir uns überlegen, wie wir weiteres Wachstum ermöglichen wollen. Wir haben jetzt schon nicht mehr genug Leute, um die ganze Arbeit zu erledigen. Viele Gastronomiebetriebe sind unterbesetzt und das Personal kann nicht noch mehr Stunden machen als ohnehin schon.
Südtirols Küche punktet vor allem mit ihrer Qualität. Gerade in einer Zeit, in der das Bewusstsein für gesundes Essen steigt, das im besten Fall auch regional und nachhaltig ist, sollte man sich das in Erinnerung rufen und daran festhalten.
Sabina Drescher/SWZ

Pflanzenlust

Kochen mit Bäumen, Sträuchern und wilden Wiesenpflanzen

Gänseblümchen – wirklich ein Tausendschönchen
Einfach.Gut.Kochen – nachhaltig. Fair & Kreativ. So lautet heuer das Jahresmotto des SKV. Dass es gute Wildkräuter gibt, mit denen sich kochen lässt, ist keine Frage. Dass Wildkräuter nachhaltige Zutaten sind, mit denen sich in der Küche fair und kreativ umgehen lässt, muss wohl auch nicht diskutiert werden. Nur beim Wort „einfach“ kam ich zuerst ins Grübeln. Gibt es „einfache“ Wildkräuter?
Einfach immer gut
Einfach im Sinne von schmucklos, primitiv, unbedeutend. Nein, solche Gewächse kenne ich nicht. Wenn jedoch einfach als unkompliziert, nützlich, unverblümt interpretiert wird, lässt sich die Frage schnell bejahen. Es gibt nämlich ein Blümchen, das ist so einfach zu erkennen. Es wird einfach von jedem geliebt. Es ist einfach überall zur Hand. Es krönt einfach jede Speise. Und gilt als die Bescheidenheit in Person: das Gänseblümchen, Prinzesschen der Wiese!
Einfach immer schön
Gutes kochen und kreativ in Szene setzen, dafür ist das Gänseblümchen einfach perfekt. Sein rein weißer Blütenkopf mit goldener Mitte blitzt nicht nur hübsch aus dem Rasen hervor, macht zum Kranz geflochten Mädchen unwiderstehlich, sondern lässt ein Butterbrot ebenso aufblühen wie den Frühlingssalat. Gänseblümchen setzen sogar den schönsten Torten, selbst solchen zur Hochzeit, noch eine Krone auf.
Einfach mehr als nur Garnitur
Blütenköpfe vom Gänseblümchen sind heute auf den Tellern fast schon so populär wie einst das Petersiliensträußchen. Aber man täte der kleinen Blume Unrecht, würde man sie als bloßen Zierrat einstufen. Die kleinen Blattrosetten lassen sich stechen wie Vogelesalat, sie schmecken sogar sehr ähnlich. Velouté aus Tausendschönchen? Einfach raffiniert und doch raffiniert einfach, die Blätter in einer leichten Kartoffelsuppenbasis kurz dämpfen, dann Sahne dazu und alles pürieren. Wer die Muße aufbringt, eine Handvoll Knospen zu sammeln, kann sie in Würzessig einlegen und damit Kapern zubereiten. Ein Patissier übt sich im Kandieren der Blüten, der Barkeeper frostet sie in Eiswürfeln.


Einfach mal ehrlich
Gänseblümchen schmecken… naja, ich sage mal „grün“. Ihre Qualitäten liegen küchentechnisch gesehen eindeutig im dekorativen Bereich. Darin aber sind die bescheidenen Blümchen vom Rasen einfach großartig. Das ist gut, das ist fair. Ein Tusch aufs Gänseblümchen!
Verfasst von
Karin Greiner
Diplom-Biologin
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